Freitag, 6. April 2012

Freitag 5 -

Ich werde um etwa 0700 wach. Ich bin zwar bei warmer Umgebung eingeschlafen, aber über Nacht wurde es wieder kalt. Der Zug ballerte die ganze Nacht über die Brücke, keine 100 Meter weiter östlich von meinem Zelt. Nervt voll ab! Die Nacht konnte ich auf dem weichem Rasen unter dem Zeltboden aber gut überstehen, trotz leicht kalter Füße. Heute Morgen ist absolut geiles Wetter. Nicht daran zu denken, abzureisen.

Ich sehe einen alten Mann auf dem Bürgersteig und begrüße ihn auf Japanisch. Er setzt sich auf die Treppe. Ich mich daneben. Er fragt woher ich komme. Ich sage aus Tokio. Welches Land. Deutschland. Er schenkt mir eine Packung Milchkaffee. Ich kann die aber nicht annehmen. Er sagt, dass es OK ist.. Man, wer hätte gedacht, das der so gut schmeckt. Den muss ich mir wohl mal öfters kaufen.

Bei dem guten Wetter platziere ich meine Kamera auf dem gefundenen Brett und versuche zu filmen, wie ich mein Zelt einpacke. Danach lade ich wieder alles in die Koffer und mache mich bereit für meine Abfahrt. Ich wollte gerade los, da spricht mich eine alte Japanerin an. Sie ist total erstaunt darüber, dass ich mit dem Fahrrad aus Tokio komme. Und dann noch als Deutscher. Sie war selber schon viel in Europa unter anderem auch in Deutschland Sie kann sehr gut englisch sprechen und lädt mich zu sich nach Hause auf einen Kaffee ein.

Wir unterhalten uns über ihre Reisen und über meine Reise. Sie hat immer aus jedem Land ein Souvenir mitgebracht. Sie lebt mit ihrem Mann in dem kleinen Haus. Der Kuchen ist absolut genial. Der schmeckt richtig gut. Ein teures Stück. Sie zeigt mir Fotos aus Deutschland, die sie mit ihrem Mann vor über 25 Jahren zeigen. Man, damals sah sie richtig süß aus. Ich erzähle ihr wer mir bisher geholfen hat, was ich erlebt habe und wohin mich meine weitere Reise führen wird. Auch meine Zweifel an dem Fortsetzen der Reise. Zum Abschied gibt sie mir noch eine Tüte mit Toastbrot mit. Sie hat sich sehr darüber gefreut, dass sie mich getroffen hat. Ich frage nach ihrer Adresse um ihr eine Postkarte zu senden. Ihr sende ich sehr gerne eine Postkarte, als sie nachfragt ob ich ihr wirklich eine senden möchte. Sie zeigt mir noch den Weg zurück zur Hauptstraße, dann trennen sich unsere Wege.


Memo an mich selbst: Die Pfade derer, deren Bestimmung dieselbe ist, werden sich irgendwann kreuzen. Dieses Zitat habe ich mal in „Final Fantasy IX“ aufgegriffen. Bisher haben mir nur alte Leute geholfen, die selber schon mal im Ausland waren. Die englisch sprechen konnten. Oder genau wissen, wie schwer es ist alleine in einem fremden Land zu leben. Ich werde diese Leute niemals vergessen. Mit Sicherheit!
 
Meine Reise beginnt, wo sie gestern geendet hat. Ich fahre um etwa 1030 weiter. Zunächst frage ich in dem Lawson Store nach einem Karton. Dann gehe ich zum Postamt und lade den Karton mit meinem Zeug voll, den ich nicht gebraucht habe. Hauptsächlich Bettwäsche. Bettbezug, Bettlacken, zwei Hosen, ein Handtuch und wie Waschlappen. Landen darin. Eigentlich auch noch eine Strickjacke und ein Manga, aber das entferne ich später wieder, weil mir der Versand für das bisschen doch zu teuer wird. Das Packet umfasst knapp 4 Kilogramm und kostet satte 4000YEN. Hart, sehr hart am Wind. Und das noch mit dem Schiff. Dauert 30 Tage bis es ankommt. Mit dem Flugzeug hätte es sieben Tage gedauert, aber auch gleich 120€ gekostet. Nein, das ist es mir nun echt nicht wert. Also nur die 4 Kilo per Schiff, damit ich meinen Koffer besser zu bekomme. Ich hätte nicht gedacht, das ich 60% meine Sachen nicht benötigen werde.


Um 1230 sacke ich bei MC 3 Cheese für 360YEN ein und nutze die dortige Toilette. In der Einkaufspassage suche ich nach Postkarten. Keiner hat welche. Finde aber im Souvenirshop finde ich welche für 420YEN. Fünf davon beschrifte ich im Postamt. Drei nach Deutschland und zwei innerhalb von Japan. Danach setze ich den Weg nach Nagoya fort. Ich weiß auch nicht warum. Bestimmt weil ich der alten Frau von heute Morgen eine Postkarte aus Nagoya senden möchte.

Ich spare mir zwar jetzt das Geld für den Zug nach Nagoya oder Narita, aber das verbrauche ich auch wieder, wenn ich mit dem Bike unterwegs bin. Ich komme auf Route 1 durch die gesamte Stadt. Ich müsste eigentlich zusehen, das ich hier raus komme, aber ich muss, ich muss unbedingt auch fotos machen, damit ich sagen kann. Ja. Ich war dort.

Ich brauche noch Wasser und halte an einem „K" Store. Dort kaufe ich eine 2l Wasserflasche für 128YEN und ein Eis für 126YEN. In der Stadt sind viele Schülerinnen auf ihrem lumpigen Damenrad unterwegs. Normalerweise ist das keine Herausforderung die zu überholen, aber mit den beiden Koffern schon ehr. Mir gelingt es aber doch eine Schülerin zu überholen. YES!

Ich muss mal auf die Toilette und fahre irgendwo an einem Family Mart ran. Ist schon Stadtrand hier, diese Gegend. Dort sehe ich einen Schüler, der ganz lässig auf dem Gepäckträger seines Bikes sitzt. Beine hochgelegt, wie in einem Sessel und schreibt mit seinem Handy eine SMS. Das fand ich ja mal krass. Aber meine beiden Koffer fand er auch nicht schlecht. Leider habe ich kein Foto davon. Mir viel zu dem Zeitpunkt nicht mal das Wort „Sugoi" ein. Ich habe bloß den Daumen hoch gezeigt. Ich fahre ja nun schon so viele Kilometer, das es mich jetzt wenig juckt, bei einer Ampel zu halten. Wenn die Sicht frei ist, knall ich über die Kreuzung, auch wenn die Autofahrer das nicht so gerne haben. Gegen 1600 habe ich Shimizu hinter mir gelassen und mache auf einer langen Brücke Fotos von der Gegend.

Auf der Brücke fährt der Shinkansen lang. Den konnte ich mit der Kamera einfangen. Der Wind pustet hier aber gewaltig, und doch muss ich hier weiterfahren. Man, was für eine krasse Scheiße. Die Gegend wird sehr ländlich und ich komme zu einem sehr großen Supermarkt.


Memo an mich selbst: Foto von den hiesigen Einkaufskörben machen. Sind nicht so fortschrittlich wie bei uns, wo man mit einem großem Korb durch die Läden fahren kann. Teilweise nur Tragekörbe zur Verfügung, oder kleine Rollwagen, wo man zwei Körbe reinhängen kann. Lachhaft. Unbedingt Foto machen…

Dort kaufe ich Proviant für die nächsten paar Kilometer. Danach fahre ich weiter. Die Straße wird wieder etwas bergig. Ja, als ob ich es nicht schon schwer genug habe. Ich komme heute aber nicht mehr sehr weit. Wie ich so die Meilenpfosten beobachte, muss ich feststellen, dass meine Tagesstrecke zusehends weniger wird. Ich muss morgen mal so richtig reinhauen. Irgendwo in den Bergen bei Kilometer 188 auf Route 1 suche ich in einem Dorf einen Platz für das Zelt. Ich suche mal wieder recht lange, bis ich was Passendes finde. Wieder nahe einem Fluss und unweit der Hauptstraße. Zuerst wollte ich weiter hinter der Mauer bauen, aber zwei alte Frauen haben mich bemerkt. Ich habe ihnen versucht zu erklären das ich von Tokio komme. Sie deuteten das ich weiter vorne bauen kann, nicht so dicht am Fluss.

Eine von ihnen bringt mir solche Wärmepads für die Nacht. Eines davon stopft sie mir gleich hinten in die Hose. Das lasse ich auch mal eben dort wo es ist. In der Nacht rolle ich mich ab und zu auf eben jenes Pad. Hammer das Teil, Bringt wirklich was.

Die andere kommt noch mal angelaufen und bringt mir eine Flasche heißen grünen Tee und einen Reisball. Der ist wirklich echt zu gebrauchen. Schmeckt nicht schlecht. Der Reis ist nicht so geschmacklos, wie sonst. Irgendwie etwas geschmackvoller. Ich weiß auch nicht genau. Neben dem Reisball gibt es noch eine Suppe zum Abendbrot. Irgendwann um 2200 etwa muss ich aber mal raus und einen Strahl in die Ecke stellen. Die Beleuchtung in der Gegend ist recht gut, so dass ich im Grunde genommen keinen richtigen Schatten habe um mich zu verstecken, falls mich jemand beobachten sollte. Ich muss die Gegend genau sondieren. Kann ja sein, das diese Aktion jemandem nicht gefällt. Auch hier an dieser Position gibt es kein offenes Netz.

An diesem Tag ist um 1730 Ende der Reise. Das Zelt steht um etwa 1820 und um 1900 hau ich mich aufs Ohr. Eine ereignisreiche Woche war das, findet ihr nicht auch? Und das obwohl Nagoya noch so weit weg ist.

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