Samstag, 9. August 2014

Der große Umweg (09.09.2014)

Ich werde heute recht früh wach und beschließe noch etwas länger zu schlafen. Der Asphalt ist zwar knacken hart, aber wenigstens gerade. Auf dem Schlafsack und dem Handtuch geht das einigermaßen. Nur habe ich mich so doof hingelegt, dass mein Bein eingeschlafen ist und ich es nur schwer im Halbschlaf bewegen kann. Mann, das fühlt sich scheiße an. Gegen 08:05 stehe ich dann auf, packe das Zelt zusammen und koche mir noch in aller Ruhe eine Nudelsuppe aus der Tüte. Die Burg macht eh erst um 09:00 auf. Also kann ich auch noch etwas essen. Sobald ich damit fertig bin, fahre ich zum Südtor und stell mein Bike dort einfach ab. Ich nehme nur die drei Kameras und mein Portemonnaie mit. Der Eintritt kostet 410YEN. Das geht doch noch.

In den Ausstellungsraumen ist das Fotografieren nicht erlaubt, aber kennt ihr Wain? Mein eigentliches Ziel bei solchen Burgen ist immer die oberste Etage mit der Aussicht und dem Souvenirshop mit den Postkarten. Aber wenn ich schon mal hier bin, dann kann ich auch paar Fotos machen, wer weiß wann ich das nächste Mal hier bin. Zumal digitale Fotos nichts kosten. Es ist für mich auch immer so, dass ich mit meinen Fotos ein Stück Geschichte festhalten und weiter erzählen möchte. Viele sind bestimmt daran interessiert, wie es in so einer japanischen Festung aussieht, oder?

Oben auf der Aussichtsebene hat man einen guten Rundumblick auf Odwara. Das lohnt sich doch. Hier fährt sogar der Shinkansen vorbei. In dem hier oben eingerichtetem Shop muss ich mir unbedingt noch einen Satz Postkarten aussuchen. Postkartens der verschiedenen Orte sind für mich eine gute Ergänzung. In der Regel sind Sehenswürdigkeiten, Luftaufnahmen oder besonders schöne Aussichten abgebildet. Ich war zwar nicht selber dort, habe es aber trotzdem gesehen.

Nachdem ich die grandiose Aussicht in alle Himmelsrichtung katalogisiert habe, mach ich mich auf den Weg zurück zum Bike. Heute ist leider nicht so geiles Wetter und das schlägt mir vermutlich auch etwas auf die Stimmung. Meinem Zeitplan kann ich aber bis jetzt gut folgen. Meine größte Sorge ist ja, dass ich irgendwo versumpfe (z.B. durch zu schlechtes Wetter, Krankheit oder zu geringer Reisedistanz wegen schwierigem Gelände) und meinen Rückflug nicht erwische. Auch Umwege sind so ein gewisses Risiko. Auf dem Weg zu einer Burg treffe ich oft auf lange Berge oder unübersichtliche Straßenführungen. Was einen erhöhten Zeitaufwand bedeutet. In der Regel lohnt es sich aber.

Irgendwie fühle ich mich noch schlapp. Ich zottelt auf meinem Bike die Straße herunter um wieder der Route 1 zu folge. Es dauert nicht lange und ich erreiche Gusto Cafe. Ich wollte ja eigentlich nicht anhalten und weiter fahren, aber ich sollte mir doch noch was Vernünftiges zu essen leisten. Denn ich bin Gestern den ganzen Abend und die halbe Nacht durchgeballert. Ich hole mir eine Pizza. Die schmeckt in dem Restaurant nicht schlecht und kostet kein Vermögen. Ich bestelle mir zunächst die Pizza und die Drink Bar. An der kann ich mich bedienen und aus einer recht großen Zahl an Getränken wählen. Ich bevorzuge den Orangensaft und die Heiße Schokolade. Nach der Pizza gibt es seit langem mal wieder ein Eis oben drauf. Somit lasse ich am Ende 1141YEN bei Gusto. Schon fett, würde ich sagen, aber man gönnt sich ja sonst nix. Zumal es mein Urlaub ist!^^

Nachdem ich bei Gusto zu Mittag gegessen habe, bin ich richtig satt. Scheiße man, das geht gar nicht. Es war wohl doch etwas zu viel. Aber ich kann nun nicht noch mehr Zeit verströdeln. Ich versuche einen Weg zur nächsten Burgruine zu ermitteln, ohne zu wissen, dass es mich Stunden kosten wird dorthin zu gelangen. Der Weg ist zwar ausgeschildert, aber nur schlecht für mich nachzuvollziehen. So ein durcheinander. Die Straße führt über 1,7km einen Berg hinauf. Die Entfernung ist dabei nicht das Problem. Die Straße hat so eine Steigung, das ich das Fahrrad schieben muss und dennoch total aus der Puste bin. Ich brauche über 1 ½ Stunden um dort hoch zu kommen. So ein enormer Höhenanstieg. Ich kann nur hoffen, dass sich am Ende eine geniale Aussicht einfangen lässt. Denn laut meiner Karte ist die nächste Position nur eine Ruine.

Angesichts der bereits verschwendeten Zeit und der wohl noch bevorstehenden Anstrengung hier hoch zu kommen, drängen sich mir wieder die Überlegungen auf, hier nicht weiter zu machen und meiner Hauptroute zu folgen. Aber wenn ich jetzt umdrehe, ärgere ich mich später sicherlich umso mehr. Man, du dämlicher Idiot. Du warst schon so dicht dran. Jetzt musst du das alles noch mal von vorne beginnen, wenn du dort eines Tages doch noch mal hin möchtest. Das ist eben die Qual eines Umweges. Man weiß nicht, was einen am Ende erwartet. Wird es sich lohnen? Oder wird es doch nur eine Zeitverschwendung sein? Ich habe mich entschieden die ganze Scheiße doch durchzuziehen. Schließlich bin ich nur einmal in dieser Gegend unterwegs. Und ich will mir nicht nachsagen lassen, das ich die Gelegenheit verpasst habe diese Burgruine zu besichtigen. Also quäl ich mich weiter den Berg hoch. Das Fahrrad schiebend und jammernd. Alle paar hundert Meter muss ich eine kurze Pause einlegen, weil der Anstieg einfach zu fett ist. Und wieder rege ich mich darüber auf, wie die Japaner nur so eine Straße bauen können. Wer soll hier im Winter hoch kommen?

Wer mit dem Auto kommt, ist natürlich im Vorteil. Auf dem weiteren Weg nach oben bietet mir eine Frau an, mein Bike an ihrer Gartenlaube abzustellen. Mir wäre es egal gewesen. Ich hätte es die letzten paar hundert Meter auch noch bis nach oben mitgeschliffen. Aber gut. Ich stelle das Bike bei ihr ab und gehe den Rest zu Fuß. Oben angekommen, halte ich mich nicht lange auf. Die Aussicht lohnt sich mehr als die Ruinen an sich. Da gibt es so gut wie nichts zu sehen. Nur die Bezeichnung „One Night Castle“ die auf den Schildern steht hat mich dazu gebracht, den beschwerlichen Weg auf mich zu nehmen. Ich habe gehofft, dass es eine Erklärung auf Englisch gibt. Aber nein. Es gibt aber zwei Steine die wohl beim Bau des Edo Castle in Tokyo Verwendung fanden. Ich möchte gerne etwas mehr über dieses „One night Castle“ erfahren…

Ich gehe das Gelände einmal ab und mache hier und da ein paar Fotos, damit ich mir die Gegend später genauer ansehen kann. Jetzt möchte ich keine Zeit mehr verschenken, denn es scheint heute doch noch zu regnen. Ich möchte noch wenigstens 30km fahren, auch wenn es schon 15Uhr ist, als ich dort oben weg komme. Mehr wäre natürlich besser.

Auf dem Weg nach unten muss ich noch mein Bike abholen. Die Frau wartet schon in ihrem Auto und liest eine Zeitung. Ich mache die Action Cam klar und rase den Berg runter. Mit über 50km/h. Das ist schon ganz schön ordentlich, besonders wenn ich bedenke, das ich ja noch eine Zuladung von etwa 25kg dabei habe. Brems das mal alles wieder ab. Die Abfahrt dauert gerade mal 2 Minuten. Verdammt, war ich da schnell. 61km/h hat der Fahrradcomputer angezeigt. Villeicht kann ich das Video eines Tages für irgendetwas nutzen. Unten angekommen, nehme ich meine Spur zur nächsten Burg auf. Es sind nur 23km laut Schild. Das sollte ich ja wohl noch locker schaffen.

Ich folge der Route 135 einfach nur nach Süden. Unterwegs halte ich einige Male an um paar Fotos neben der Strecke zu machen oder um ein Eis aus einem Convinient Store zu holen. Wobei, heute ist es stark bewölkt und die Sonne lässt sich nicht blicken. Einerseits gut, da ich so nicht zu sehr ins Schwitzen komme. Andererseits schlecht, denn bei dem etwas feuchten Wetter sitzt die Kamera nicht so locker wie sonst. Es sind gerade mal 29°C. Fast schon Eiskalt. Ich komme hier recht gut voran. Nur die Beschilderung ist wieder mal unter aller Sau und die Straßenführung teileweise sehr Irreführend.

So kommt es, das ich wieder auf einer Mautstraße unterwegs bin. Ich mein, mir wäre das ja egal. Hier ist die Straße wenigstens super gerade und ich kann paar Kilometer machen. Es dauert aber keinen Kilometer, da kommt der erste Heino schon wieder angeschlichen und will mich zurück lotsen. Zuerst muss ich ihn aber noch auf seine schlechten Englischkenntnisse überprüfen. „No bike“ und „Yellow line“ sind die einzigen Worte die er auf English er hervorbringt. Aber er scheint doch guter Dinge zu sein. Also, er wirkt nicht sauer oder verdammt ernst. Er nimmt diesen Einsatz ganz locker. Wahrscheinlich findet er es auch lustig, dass ein Fahrradfahrer auf einer schicken Schnellstraße unterwegs ist. Noch dazu jemand mit dem er sich nicht auf Japanisch unterhalten kann. Die Action-Cam hat das bestimmt alles drauf. Ich fahre also den knappen Kilometer wieder zurück nur um dann auf der Route 135 unter erschwerten Bedingungen weiter zu fahren. Ein wenig schwerer sagte er da noch ganz bescheiden. Ja, du Penner. Du hast ein Auto unter deinem Hintern. Kauf dir mal ein richtige Gefährt. Ein Fahrrad zum Beispiel.

Nach diesem ersten Anstieg folgt eine richte lange Abfahrt. Also, der Weg nach oben kam mir jetzt nicht so lang vor. Aber das macht nichts. So komme ich wenigstens schnell weiter. Als sich eine Lichtung zwischen den Baumen am Straßenrand auftut, kann ich auf einem Hügel auf der anderen Seite der Bucht schon die Burg sehen. Am Fuße des Berges, in Strandnähe, halte ich noch an einem Lawson Station an um eine Kleinigkeit zu essen. Dort sehe ich auch viele junge Mädchen die wohl gerade vom Strand kommen. Alle dreckige Schuhe und schmutzige Beine. Die Ortschaft hier liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Ist also alles Tsunamigefährdetes Gebiet. Ich möchte mich hier irgendwie nicht sehr lange aufhalten, auch wenn ich sehr genau weiß, dass die Wahrscheinlichkeit eines platten Reifens an meinem Fahrrad höher ist. Anmerkung meinerseits. Nach den nun mehr insgesamt 9 Monaten die ich mit dem Fahrrad in Japan zu gegen bin und bereits 4 bis 5000km zurückgelegt habe, hatte ich nicht ein einziges Mal einen Plattfuß. Außer einmal in Kyoto, wo ich eine Speiche am Hinterradwechseln musste.

Aber zurück zum Thema… Meine Beine werden vom Fahrradfahren dreckig, aber sie sollten das lieber in den Griff bekommen, sonst könnte man denken, dass es hier mit der Sauberkeit nicht so genau genommen wird. Ja, OK man. Der Seegang ist etwas stärker als an der Ostsee und nach dem baden im Ozean kann man sich hier am Strand abduschen. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß ich aber noch nicht, dass ich später auf richtig geile Stände stoßen werde. Der Weg zur Burg ist laut karte einfach. Laut Karte. Die Route führt genau, aber exakt genau, an der Burg vorbei. Fast. Es ist ein Tunnel genau unter der Burg. Ich muss also eine andere Straße nach oben finden. War ja klar, dass es wieder eine starke Steigung sein muss um die Burg zu erreichen.

Ich halte auf dem Parkplatz am Fundament der Burg an und jemand, der gerade die Toilettenpapierrollen auffüllt, will mir weiß machen, das der Schuppen um 1700 dicht macht. Kann er ja, ich will nur Postkarten haben. Von dem Penner lasse ich mich also nicht weiter beirren und gehe schnell rechts die Treppe nach oben. Ah, ein Souvenirs Shop. Wusste ich es doch. Ich stürme rein und sehe mich um. Dann frage ich, damit es schneller geht, nach einem Satz Postkarten. Ja, sie haben tatsächlich welche im Angebot. Einen einzigen Satz mit 12 Karten. Schade, ich hätte mir ein paar schönere gewünscht. Keine einzige zeigt die Burg in der ich die Karten gerade kaufen möchte. Dann ist die Festung wohl nicht so der Besuchermagnet. Wobei die eigentlich sehr geil aussieht. Von dort oben muss man bei gutem Wetter einen abgefahrenen Ausblick auf den gigantischen Ozean und den kleinen Strand haben. Ach, warum muss es heute auch so bewölkt sein. Der Eintritt kostet übrigens 900YEN, was es mir bei dem Wetter aber nicht wert ist. Ich muss wohl eines schönen, Betonung auf schönen, Tages wiederkommen und die 900YEN investieren.

Aber ich lasse es mir nicht nehmen trotz des einsetzenden Regens die Burg in Atami im jetzigen Zustand auf digitale Speicherkarte zu fesseln. Kostet ja glücklicherweise nichts. Wenn der Himmel im Background noch etwas schöner wäre, könnte ich mit dem Foto leben. Ah, so etwas ärgert mich.

Ich fahre den Berg sehr rasant hinunter und folge der Route 135 weiter nach Süden in Richtung meines nächsten Ziels. Ein uralter Vulkan. Ich fahre die Berge rauf und rase sie auf der anderen Seite wieder hinunter. Bisschen Spaß macht das ja schon. Nur bekommt mir der Nieselregen nicht. Oder besser. Ich möchte meine Kameras nicht der Feuchtigkeit aussetzten. Die ActionCam hingegen hat ja ein Unterwassergehäuse. Der ist das egal. Die rennt auch immer schön mit. An einem 7/11 halte ich kurz an, und kaufe mir noch Vorrat für die nächste Etappe. Während ich so das eine Eis weglöffle kommt es mir so vor, als ob das junge Mädchen ihren Hund gerne hier am Laden anbinden und verschwinden möchte. Aber ich kann mich darum nicht kümmern.

Nach zwei langen Tunneln, folgt eine gigantische Abfahrt. Der Hammer. Das ist wie in der Episode aus Goldenboy. Die wo Kintaro versucht die Frau auf dem Motorrad zu überholen.^^ In der kleinen Stadt am Meer in der ich jetzt angekommen bin, gibt es einen MC der 24 Stunden offen hat. Dort hau ich mich erst mal hin um die Kameraakkus zu laden. Es sollten schon einige platt sein. Ich bestelle mir ein Teriyaki Burger Menu für 606YEN und saugen dem MC dafür auch noch schön was aus der Steckdose. Es ist etwa 19:50 als im den Mc betrete und drei Stunden später geht es weiter. So in etwa. Meine Aufzeichnungen sind hier hingehend etwas ungenau.

Nachdem ich soweit auf den aktuellen Stand bin und die Akkus wieder voll, fahre ich noch einige Stunden weiter. Es ist zwar schon dunkel, aber noch nicht spät. Ich habe die arge Befürchtung, dass es noch richtig regnen könnte und sehe zu, das ich bald einen Platz für mein Zelt finde. Auf der Suche, komme ich an einem MC vorbei. Einen von denen, die ich auf meiner Karte markiert habe. Die haben hier, laut MC Japan App, bis um 0100 offen. Allerdings nur am „Drive In“-Schalter. Gut, dann nutze ich diese Gelegenheit um zum ersten Mal mit dem Bike an einem Mc vorzufahren und bestelle mir einen großen Burger den ich später im Zelt essen werde.

Die freundliche Dame am Driv In, packt mir den Burger auch noch in eine Tüte, damit ich ihn besser transportieren kann. Ich fahre die Straße noch ein Stück weiter hinunter und denke, dass ich hier langsam Schluss machen sollte. Wenn ich aber weiter der Hauptstraße folge, finde ich nie etwas. So kommt es, dass ich einfach auf gut Glück nach links abbiege. Am Ende der Straße finde ich ein großes freies Gelände das ich in der Dunkelheit einmal umrunde um festzustellen was das hier ist und ob es geeignet ist mein Zelt für eine Nacht zu beherbergen. So gelange ich zu einem kleinen Parkähnlichen Bereich mit Toilettenhäuschen. Ich sehe mich in der unmittelbaren Umgebung um und beschließe das Zelt hinter dem Toilettenhäuschen zwischen einem Baum und einem Schaltschrank zu errichten. Das sollte sich als glücklicher Umstand erweisen.

(Foto vom Morgen des 10.09.2014)
In der Nacht, oder was davon noch übrig ist, fängt es an zu regnen, und zwar nicht von schlechten Eltern. Mein Rucksack steht auf der Wurzel von dem Baum und ich kann auf einem weiterem kleinen Hügel sitzen, damit ich nicht mit dem Schlafsack auf dem kalten Untergrund liegen muss. Das Wasser zieht nämlich langsam unter mein Zelt. Der Sandige Boden hat aber auch was Gutes. Es dauert nicht lange, und das Regenwasser ist wieder weg. Somit kann Ich versuchen weiterzuschlafen.

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