Dienstag, 27. März 2012

Dienstag 4 - Kamakura

Heute Morgen wache ich auf und vor meinem Zelt sitzt jemand auf der betonierten Böschung. Ich frage mich was er wohl dort macht. Als ich aus dem Zelt klettere, begrüßt er mich erst mal ganz knall hart. Ich unterhalte mich erstaunlich lange mit ihm. Ich erzähle ihm, dass ich zum Mt. Fuji möchte. Er sagt, dass es im Winter gefährlich ist auf den Berg zu klettern. Hörst du mich Gefahr!? Ich lach dir ins Gesicht, hahahahhaaa… Ja, soviel dazu. Er erklärt mir warum in Japan links gefahren wird. Weil die Samurai früher ich Katana auf der rechten Seite trugen. Wenn ein Samurai einem anderem Begegnet, dann haben sich immer ihre Schwerte berühret. Deswegen gehen die auf der linken Seite um diesen Zusammenstoß zu vermeiden. Interessante Logik. Ein weiterer Grund sei, das in England auch links gefahren wird. Er ist studiert Biologie und hat heute etwas Zeit. Er fragt ob ich auch Zeit habe. Wir fahren dann zusammen nach Kamakura. Ich hätte mal lieber nein sagen sollen, denn dieser Trip kostet mich einen ordentlichen Batzen Geld.

Sein Englisch ist etwas unverständlich, aber man kann es verstehen. Ja, gut. Meins mag nicht besser sein. Wir gehen zum Bahnhof nördlich meines aktuellen Außenpostens. Von dort fahren wir mit der Bahn, meine Karte kostet 210YEN, in Richtung Osten. Weiter an die Küste. Nach etwa 15 Minuten erreichen wir den Bahnhof Kamakura. Ich habe ihm während der Fahrt einige Fotos auf dem Notebook gezeigt. Er scheint nicht sonderlich interessiert zu sein.

Unmittelbar in Bahnhofnähe schleppt er mich in einen Laden, wo es ein sonderbares Gebäck zu kaufen gibt. Er gibt mir dieses Ding aus. Es hat die Form einer Ente und schmeckt erstaunlich gut.

Er führt mich durch den Kern von Kamakura und zu dem dortigen Tempel. Dem „Tsurugaoka Hachimangu“ Schrein. Ist ja nun echt mal wieder nicht zu fassen, was die hier hin gebastelt haben. In Kamakura gibt es so viel zu sehen, das ein Tag nicht ausreichend ist um alles unter die Lupe zu nehmen. Auf dem Vorplatz haben sich einige Händler einen Platz gesichert. Bei dem einen hole ich mir eine kandierte Weintraube, schätze ich, für glatte 100YEN. Die ist absolut gut. Aber entschieden zu teuer.

Bei einem weiteren sehe ich einige gutaussehende Süßigkeiten. Bestimmt ein totaler Reinfall, aber ich möchte mir die mal reinpfeifen und den Ride enjoy´n. (von „enjoy the ride“^^) Ich lasse geschlagen 300YEN in dem Schuppen. Dann geht es weiter.


Auf dem Gelände ist heute mal richtig Aktion. Die hier ansässige Baseball-Mannschaft wird vom Priester gesegnet, auf das sie im nächsten Spiel gewinnen. Wenn das jeder macht, müsste es ja immer unentschieden enden, oder? Aber das funktioniert ja wahrscheinlich ohnehin nicht. Ist bloß krass, dass auch etliche Fernsehteams hier sind um das zu dokumentieren. Ich greife mir auch schnell einige Visagen mit meiner Cam ab.

Mein Reiseleiter erklärt mir, das man, wenn man zu einem Heiligtum eine Treppe hochsteigt, oder eintritt, mit dem linken Fuß zuerst auf die Stufe oder Schwelle tritt. Und beim Verlassen ist der Rechte Fuß zuerst dran. Schwachsinn, so was. Ich sauge mir die Treppen ohnehin immer mit zwei Stufen auf einmal rein (wenn ich ohne Begleitung bin).

Nachdem wir die Treppe zum Schrein hochgelatscht sind, kann ich einige langsichtige Shots machen. Allerdings ist der Smog daran schuld, das man nicht bis zum Horizont fotografieren kann. Er sollte lieber Reiseführer werden. Er kann zu vielen Dingen etwas erzählen und kennt auch die Orte an denen Touristen sonst nie vorbei kommen. Da wäre er besser aufgehoben.

Wir gehen in ein Museum. Der Eintritt kostet mich geschlagene 400YEN. Hier ist fotografieren verboten. Mal wieder. Wäre ich alleine gewesen, wäre ich da erstens nicht rein gegangen, und wenn doch, hätte ich gnadenlos Fotos gemacht. Ich habe dann klammheimlich einige  Fotos gemacht. Ich muss ohne Blitzlicht arbeiten. Dadurch das es hier in diesem Bunker recht dunkel ist, kann ich nicht viele brauchbare Shots landen.

Nach dem Museumsflop folgen wir dem Rundgang in Richtung EXIT. Wir kommen an einer Schenke vorbei. Er fragt ob ich schon mal Sake getrunken habe. Ich sage nein. Gut, dann gehen wir jetzt einen kaufen, haut er ganz locker raus. Ach du Scheiße. Das ist ein komisches Gesöff. Heiß. Schmeckt süßlich und es schwimmt weich gekochter Reis darin umher. Wenn der etwas abgekühlt ist kann man das durchaus auch trinken. Ich hatte schon schlechtere Geschmackserfahrungen in Japan, als das. Kann man trinken, aber für mich sind 250YEN für, was ist das..100ml?..einfach viel zu viel. Dafür kann ich locker 4 Liter Wasser kaufen.

Zum Mittag wollten wir in ein Nudelrestaurant gehen. Soll ein Geheimtipp sein. Leider hat die Bude zu und wir gehen in ein China-Restaurant. Da werde ich 1040YEN los. Alter. Aber die Nudelsuppe war doch recht gut. Soll scharf sein, sagte er. Ja! War jetzt zwar nicht gerade mild, aber hat mich in Sachen Schärfe nicht umgehauen. Wenn ich mir in good old Germany meine Spagetti in Tomatensause aus der Konservendose warm mache und mit Pfeffer und Paprika würze, knallt das manchmal so doll, das ich Schluckauf bekomme. Also ist das hier ein Lacher dagegen. Er bestellt noch einen Pudding als Nachtisch. Verdammte scheiße, ist der gut. Schmeckt wie Kokosnuss. Einwandfrei.

Danach möchte er verschwinden. Ich wollte mich bei ihm für die Tour bedanken indem ich ihm ein Eis ausgebe. Aber die schlagen hier mit 610YEN für zwei Kugeln ganz locker den Boden aus dem Fass. Das zahlt er dann doch selber.

Während wir das Eis verschwinden lassen wandern wir noch etwas umher. Er zeigt mir ein altes Krankenhaus, welches hier für Besichtigungen im Originalzustand erhalten wird. Sehr aufschlussreich. Der Eintritt ist umsonst. Dafür gibt es aber auch nur einen Raum zu sehen.

Zu guter Letzt zeigt er mir noch einen 500 Jahre alten Schrein. Mit den Dingern sind die in Japan aber auch reichlich gesegnet. Was mich nur wundert, ist, dass nicht tausende von Jahre alt sind, so lange wie es Japan schon gibt. Muss also eine recht neue Erfindung sein, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Die allerneuste ist übrigens Pachinko.

Dann gehen wir zurück zum Bahnhof. Er zeigt mir meinen Zielbahnhof auf der Karte und den dazugehörigen Preis. 210YEN! Ich möchte mich hier aber noch etwas umsehen, wenn ich schon so einen langen Weg bis hierher in Kauf genommen habe. Er verabschiedet sich und dampft ab. Ich bin wieder alleine.

So kommt es das ich durch kleine Seitenstraßen schleiche und mir die Gegend wie gewohnt in aller Ruhe ansehen kann. In einer Bude werden Bratwürste gegrillt. Ich kann es kaum glauben. Da steht „Schinken und Wurst“ auf dem Schild. Was Deutsches! Da muss ich ja grinsen. Viele Japaner wissen wahrscheinlich gar nichts damit anzufangen. Eine Verkäuferin aus dem Laden ruft mich herein. Sie muss erkannt haben, das ich Deutscher bin. Sie sagt, dass sie mal in Frankfurt war. Klar, deswegen auch dieser Laden hier. Nein, ich habe kein Foto gemacht. Leider!

Einige Ecken weiter betrete ich ein Geschäft das die klassischen Holzlatschen in verschiedenster Bauform verkauft. Alles vollkommen überzogen für meine Geldbörse. Ich lande einen Shot bei den Miniaturen. Zu den Essstäbchen für 4000YEN!!!! Erzählt mir eine Verkäuferin die Geschichte der Herstellung und Bedeutung. Ich kauf die doch ohnehin nicht. Viel zu teuer für meinen Geschmack, abgesehen davon, das ich bereits welche besitze. Sie erklärt mir, dass die langen für Männer sind, und die kurten für Frauen. Das war mal informativ.

Sie zeigt mir die Bilderrahmen und deutet auf den großen Buda. BAM, in meine Fresse. Jetzt fällt mir wieder ein, das schon in meinem Sprachkurs die Rede von einem „Daibudsu“ war. Nicht der Sprachkurs von der Volkshochschule, der mich Kohle ohne Gleichen gekostet und, wenn ich ehrlich bin nichts gebracht hat, sondern der Sprachkurs von PONS welchen ich von einem Freund erhalten habe. Ich frage nach dem Weg dorthin. Ja, mit dem Bus oder der Bahn, nicht zu Fuß, ist etwas zu weit. Pah. Zu weit? Ich brauche eine Karte um sagen zu können ob das wirklich einen Bus wert ist. Ha, ist es nicht. Kompass auf neues Ziel gepeilt und LOS. Ich fahre die zwei drei km doch nicht mit dem Bus. Die Kohle kann ich nun echt sparen. Ich laufe zwar drei Mal in eine Sackgasse, aber sehe wenigstens das Japan hinter der sonst so sauberen und fröhlichen Fassade.

Nach einer guten halben Stunde des Häuserkampfes erreiche ich eine gut befahrene Straße. Laut Karte einfach dieser Straße nach Westen folgen und bei der nächst fettesten Kreuzung (Kossaten jap.) nach Norden. Treffer. Der Eintritt kostet aber auch hier wieder 200YEN. Zugegeben! Günstiger als im Museum. Ich laufe auf dem Gelände etwas umher und mache ein gutes Dutzend Fotos.

In den großen Buda kann man für nur 20YEN auch reingehen. Cool. Viel zu sehen gibt es dort drinnen nicht. Ihr könnt euch die 20YEN sparen und einfach meine Fotos ansehen. Da ist alles drauf, was dort drin ist. NICHTS! Vielen berühren das Scheusal und stellen fest, dass der ganz warm ist. Logisch, wenn der den ganzen Tag in der Sonne sitzt.

Ich kaufe gleich noch 12 Postkarten von Kamakura für 300YEN. Das geht ja noch. Auf meinem Weg zum Meer komm ich an einem Geschäft vorbei bei dem ich diese Stirnbänder für 300YEN sehe. Ich hätte ja zu gerne das Nummer eins Headband gekauft (aus Afro Samurai) aber ich entscheide, ein Foto reicht um eine Bauanleitung dafür zu haben.

Da, eine Post. Gleich mal rein da und die Postkarten ausgefüllt. Ich suche die drei besten raus. Eine für die Firma, eine für meine Eltern und eine für den Co. Moderator. Macht 210YEN für Liebesgrüße aus Kamakura.

Ich folge der aktuellen Straße exakt nach Süden und komme ans Meer. Sonderlich weit kann man nicht gucken. Ich glaube, das man in Warnemünde viel weiter aufs Meer hinaus blicken kann, als hier. Ich finde einen toten Fisch. Ich lasse ihn links liegen und gehe etwas weiter. Drei kleine Schulmädchen befassen sich eine ganze Weile mit dem elenden Burschen. Als sie ihn genug drangsaliert haben, verpissen sie sich. Ich nutze diese Gelegenheit um ihn ins Meer zu schleudern. Dann verdufte ich auch. Der Wind hier am Meer ist grässlich kalt.

 Der Weg zurück zum Bahnhof von Kamakura lässt mich über einen Postkasten stolpern der unserem privatem in gog bis auf die Lucke ähnelt.

In der Nähe das Bahnhofes sehe ich noch etwas aus Deutschland. Haribo Goldbären. Aber so teuer, das selbst ich die nicht kaufen mag. Kleine Tüte für über 200YEN. Nä, so nicht, nicht so, nicht mit mir.

Heimfahrt. Ja. 210YEN, wie bereits gesagt. Aber welche Bahn? Richtung Yokohama, Shibuja, Narita Airport. Ja, das kommt hin. Fahrplan sagt drei Haltestellen. Oh man! Ich habe echt Bammel, das es der falsche Zug ist. Aber nein. Dank meines ultimativen Glücks ist es der richtige Zug. Ich steige in Totsuka aus und gehe direkt zum nächsten MC um mein Notebook- und Kamera-Akku zu laden. Dauert ja wieder ewig. Sitze locker vier Stunden bei MC und vervollständige meinen heutigen Bericht. Hoffe, dass ich morgen weiter komme.

Auf dem Weg zum Zelt sehe ich eine Matratze oder so was herumliegen. Die ist doch sicherlich abandoned, denke ich. Ich schleiche mich kurz am Zaun vorbei und greife mir das Ding. Das muss von einem alten Sessel stammen. Geiles Ding. Das werfe ich unter den Zeltboden, dann habe ich es in dieser Nach schön wich und kann sicher gut pennen.

Am Zelt angekommen stopfe ich das seltsame Polster unter den Zeltboden. Schön weit durchschieben, damit ich da vernünftig drauf liegen kann. Einwandfrei. Ich esse noch einen Apfel und leere die Cola. Dann gehe ich pennen. Es dauert nicht lange, dann höre ich Schritte. In unmittelbarer Nähe. Was zum!? Da scheint sich jemand darüber zu wundern, das hier ein Zelt steht. Die Bullen? Nein. Er kommt auf die andere Seite des Zeltes und holt irgendwas aus dem Schacht unter der Brücke. Ich dachte schon, der macht sich an meinem Gepäck zu schaffen. Aber nein. Nur ein Obdachloser, der seine Pappe abholt. Abgefahren. Mein Bike steht jetzt schon drei Tage hier und es fehlt kein Stück. Ich schlafe die Nacht wie ein Feldstein. Geile Matte.

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