Sonntag, 4. März 2012

Sonntag in Harajuku

Ich habe die Nacht total scheiße überstanden. Ich bin um 0300 am Sonntagmorgen (Tokio) wach geworden. OK, machst mal das Notebook an und schreibst ein wenig weiter. Mal sehen wer alles in Skype ON ist. Oh, Gobi. BAM. Erste Nachricht von ihr. Wenig später dann ein Anruf von der Sendezentrale. Die haben es ja noch am Samstag Nachmittag. Aber irgendwie kommen die in good old germany mit Skype nicht klar. Irgendwann läuft es dann doch. Ich versuche dann noch mal einzuschlafen. Keine Chance.

Ich blicke aus dem Fenster. Ja, es ist wohl langsam Zeit wach zu werden...für die meisten Menschen die heute arbeiten müssen.
Ich blödel noch einen Augenblick rum und mach mich dann auf zum Frühstück. Das ist nicht weit weg.  Dort treffe ich auf eine Gruppe deutsche, die ebenfalls in derselben Unterkunft wohnen. Die wollen allerdings morgen abreisen. Sie möchten eine 10-Tage Rundreise mit dem Auto machen. Das wird sicher aufregend. Zurück in meinem Zimmer such ich alles für das Cosplay zusammen. Es dauert wieder mal viel zu lange bis ich damit fertig bin. Bis ich dann zu Potte komme ist es bereits 1200. Also viel zu spät mache ich mich auf den Weg nach Harajuku um dort die Gothic Lolita Cosplayer zu besuchen. Vielleicht findet der eine oder andere ja auch an meinem Outfit gefallen. Nach ewiger Sucherei und dem üblichem herumfragen komme ich doch tatsächlich in Harajuku an. Genau dort wo ich schon in Google Earth die Gegend sondiert habe. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, das ich wohl zu spät bin. Denn auf der Brücke finde ich niemanden mehr. So ein Mist. Und dabei war doch so gutes Wetter. Ich gehe eine Runde durch den angrenzenden Park. Keine Spur. Zurück auf der Brücke schlagen sich die Bullen mit einigen Demonstarnten herum.
Als ich an denen vorbei bin, fragt mich ein Passant, wo er die Gothic Lolitas finden kann. Auf Englisch. Ich antworte ihm, das er wohl zu spät ist, genau wie ich.

Ich kann aber jetzt nicht schon abhauen. Dafür war der Aufwand zu groß. Ich laufe also durch die Straßen und begutachte die Geschäfte. Nebenbei versuche ich eine Bank ausfindig zu machen die meine Visa-Karte frisst. Gar nicht so leicht, bei den ganzen Schreihälsen hier. Das ist hier so, wie bei uns sonst nur auf dem Fischmarkt. Meine Fresse. Ein Laden fällt mir schlagartig ins Gesicht.
Die zuverlässigste Quelle um nach dem Weg zu fragen sind die Bullen. Einige sprechen recht gut Englisch, oder verstehen zumindest was man von ihnen will. Die zeigen einem dann auch gerne den Weg. Mir begegnet ein Spendensammler für Fukuschima. Hier hast du 500YEN, also keine 5€. Den frage ich dann nach einer Bank. Er kann mir auch eine nennen. Aber die verträgt wohl die Visa nicht. Da bei der Kreuzung steht ein Typ mit einer fetten Kamera. Der scheint sich an meinem Cosplay zu vergnügen. Gut, denn gleich wird ihm ganz anders zu Mute sein. Ich frage ihn auch noch mal nach einer Bank. BAM, in die Fresse. Der spricht gut Englisch. Und über mein Japanisch ist er auch begeistert. TOP man. Er gibt mir eine Wegbeschreibung und ich finde tatsächlich eine Bank.

Das mit dem „Automaten finden“ ist ja die eine Sache. Ihn zu bedienen die andere. Ich frage einen Jungen der hinter mir wartet, ob er mir helfen kann. OK. Mit seiner Hilfe wird das dann auch  was. Um sicher zu gehen, das ich diesen Stress nicht so schnell ein zweites mal habe, hole ich gleich 100000YEN ab. Also etwas weniger als 1000€. Somit habe ich diesen Tag doch noch was erreicht. Nach einer letzten Runde durch die bis zum Rand mit Menschen gefüllten Straßen wollte ich eigentlich nach Hause fahren. Ich treffe aber auf eine Frau aus Berlin. Die kann zwar deutsch, aber stammt ursprünglich aus Amerika. Zwei Jahre war sie in Berlin. Ihr Freund hat so ein Kuscheltier gemacht. Es heißt „Flauschen“. Sie fragt, ob sie ein Foto von mir mit dem Ding machen kann. Na klar. Immer ran. Ein anderer Interessierter fragte mich eine Weile zuvor ebenfalls nach einem Foto. Ihm gefiel das Kostüm. Und das obwohl ich den Mantel über dem eigentlichem Cosplay trug. Man sah also nicht viel von dem schönen Kleid. Verdammt aber auch. Er fragte nach dem Sinn. Ich versuchte ihm zu erklären um was es sich dabei handelt. Er hat das dann sehr gut wieder gegeben. „…it’s makes life more interesting…“ Recht hat er. Zu guter Letzt, warte ich neben einer Gruppe Cosplayer an der Ampel auf grünes Licht. Eine von denen dreht sich in meine Richtung und freut sich übelst über mein Outfit und bringt das mit dem Ausdruck „kawai“ zu Worte. Das Bedeutet so viel wie „süß, niedlich“.

Mein Heimweg ist, wie so oft, von Fragen und Orientierungslosigkeit geplagt. Als ich in der Unterkunft aufschlage, ist es bereits dunkel. Und im Grunde genommen habe ich kein Bock noch irgendwas zu machen. Aber ich reiß das Notebook doch noch kurz an. Ein paar Zeilen kann ich noch schreiben und ich bereite noch was für den Blog vor. Dann haut es mich um. So geht also dieser Sonntag zuende.

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