Bei der Tankstelle angelangt, packe ich meine Sachen wieder in den Koffer und verabschiede mich von Hiro. Ich habe ihn in meiner Facbook Freundesliste, somit werde ich ihn niemals vergessen.
Ich fahre von der Tankstelle aus Richtung Westen. Ich erreiche die Route 10 und folge der nach Süden und halte nach Möglichkeiten Ausschau wo ich Geld abheben kann. Ich komme an einem Tempel vorbei und ich nutze meine derzeitige Freizeit um einige Fotos zu machen. Ich folge der Straße weiter, bis ich zu einem JP Network komme. Die machen aber erst um 0900 auf. Ich muss noch etwa 40 min warten. Ich nutze das um die dortigen Verkehrswichtel auf der Straße zu beobachten.
Als der Laden dann endlich seine Pforten öffnet, versuche ich mich am Geldautomat. Aber heute muss ich wohl Pech haben. Oder Glück, wie sich später zeigen wird. Das Keypad scheint defekt zu sein. Es reagiert nicht auf meine PIN-Eingabe. Ich glaube, dass ich was falsch gemacht habe und hole mir von der Postabteilung Hilfe. Aber auch der hilfsbereite alte Mann, kann daran nichts ändern. Ich muss also weiter suchen.
Ich fahre irgendwo durch die Gegend und finde dann letzten Endes doch noch eine weitere Möglichkeit an Kleingeld zu kommen. Hier gibt es keine Probleme. Ich nutze die örtlichen Gegebenheiten um mich umzusehen. Vielleicht finde ich irgendwo eine Landkarte oder Postkarten. Ich stelle mein Bike unabgeschlossen und mit beiden Koffern beladen neben einer Polizei Box ab und wandere in dem Einkaufsgelände umher. Ich sehe eine Buchhandlung, aber ich finde mal wieder nichts, was für mich von Interesse wäre. Otaku Stuff finde ich hier auch nicht. Schade eigentlich.
Auf der obersten Etage mache ich auf eine Bank eine Pause, weil der Rucksack so saumäßig vollgestopft ist. Ich versuche dort oben, in der prallen Sonne ein offenes Netz zu finden. Ohne Erfolg. Ich setzte mich nach etwa 8 Minuten Pause wieder in Bewegung. Was sagt die Uhr? 1030. Ich habe festgestellt, dass viele Läden erst um 1000 auf machen. Ich gehe noch mal zum Abschluss in einen Supermarkt. Dort suche ich etwas Bekanntes aus Deutschland. Die Preise für unsere heimischen Süßigkeiten sind nahezu utopisch hoch.
Auch Milch ist arg teuer. Was kostet denn da so ein Liter!? Ja, 200YEN bis 250YEN sind normal. Mit Glück findet man mal einen Liter für unter 180YEN. Ich habe neulich einen Schnapper gemacht und Milch für 105YEN geschossen. In einem anderem Laden 165YEN. Da muss man echt aufpassen.
Ich wandere noch einen kurzen Augenblick in der Einkaufspassage umher, bevor ich zu meinem Bike zurückkehre um ein andere Ecke zu erkunden. Ich fahre etwas weiter nach Süden. Ein Curry Restaurant erweckt meine Aufmerksamkeit. Zeit für Mittag, denke ich mir. Ich hoffe, das die was nettes im Angebot haben. Ich parke mein Bike irgendwo an einem Geländer und gehe geradewegs drauf zu. An der nächsten roten Ampel spricht mich ein Japaner an und fragt wo ich her komme. Er ist bereits über 60 Jahre alt, kann aber sehr gut englisch sprechen. Er hat früher mal für Lufthansa gearbeitet und war sehr oft in Deutschland. Er fragt ob das mein Bike ist. Ja! Ich sage dass ich aus Tokio damit hergekommen bin. Das findet er stark. Er fragt was ich heute noch so vorhabe. Ich sage, dass ich heute mal in ein Curry Restaurant gehen wollte. OK. Er ist dabei.
Wir stehen dann aber vor verschlossener Tür. Die machen erst später auf. Er lädt mich darauf hin zu einem Kaffee in einem Café direkt gegenüber ein. Ich trinke ja sonst keinen Kaffee, aber ich mach mal eine Ausnahme. Er erzählt mir wo er schon überall in Deutschland war und was er alles gesehen hat. Er war über 12 Jahre bei Lufthansa angestellt. Und er hat Deutschland seiner Frau vorgestellt. Mit ihr zusammen ist er oft in Deutschland gewesen. Wahnsinn, wie viele Städte er besucht hat. Ich erzähle ihm was mir bisher auf meiner Reise alles wiederfahren ist und was ich in Deutschland bisher gemacht habe. Mein Lebenslauf kann sich aber in keiner Weise mit seinem messen. Wobei mein Abenteurer geiler ist!^^ Den Kaffee gibt er aus. Das ist echt krass. Warum? Weil die zwei Tassen nicht gerade günstig waren.
Jetzt gehen wir zum Mittag in das Curry Restaurant „Coco ichibanya“ . ich frage ihn was das bedeutet. Er erklärt mir das es so viel beutet wie „Hier Nummer eins Restaurant“. Ist ja auch mal was.
Memo an mich selbst: Curry stammt original aus Indien, aber die Inder können aus religiösen Gründen nicht alles essen, die Japaner haben Curry mir verschiedenen Dingen neu kombiniert. Curry Reis ist also echt japanisch, erklärt mir der alte Mann.
Nach dem Essen fragt er mich, was mein heutiger Plan ist. Ich grabe meine Karte aus dem Rucksack und zeige auf den größten Tempel den ich auf den ersten Blick finden kann. Er sagt, dass er direkt daneben wohnt und mir den Park gerne zeigen möchte. Er übernimmt die Rechnung für uns beide, wobei ich auch selber hätte zahlen wollen und können. Das war jetzt wieder so eine unglaubliche Freundlichkeit mit der ich nicht gerechnet habe.
Ich fahre also mit dem Bike zu unserem Treffpunkt, während der alte Herr die Bahn benutzt. Ich bin etwas früher da und muss mit entsetzten feststellen, das die Kette wieder zwischen Tretlager und Ritzel steckt. Grauenhaft. Ich kann diese Panne noch gerade so beseitigen, sonst hätte ich die Schleuder wieder schieben können. Der alte Mann kommt jetzt auch an. Er meinte, dass ich schnell sei. Dabei war ich im Grunde noch sehr langsam unterwegs.
Wir gehen zum Haupteingang. Dort stelle ich mein Bike ab, ohne es abzuschließen. Meinen Rucksack geben wir aber bei dem Wachposten ab, damit ich mit dem schweren Ding nicht den ganzen Nachmittag rumlaufen muss. Alle nachfolgenden Memos beziehen sich auf den Tempel in dem ich mit dem alten Mann umhergewandert bin.
Memo an mich selbst: Der alte Mann von heute erklärte mir viele Dinge über die japanische Religion. Die Japaner haben viele Götter, für die Familie, für die Bäume, für den Erfolg, für Glück, für die Ehe, für Regen, Wasser, gute Ernte. Die Japaner glauben an die Natur. Sie gibt den Japaner alles und deswegen verehren sie die Natur. Doch als eine Katastrophe sehr viele Menschen gekostet hat, haben sie sich gefragt warum die Natur den Menschen schadet und haben dann den Buddhismus in ihre Religion miteingebunden, um sich erklären zu können warum die Natur den Menschen Schaden zufügen kann…sehr kompliziert.
Memo an mich selbst: Jeder Gott hat einen eigenen Schrein. Einen Palast. Außer zwei. Der Gott für die Bäume und der Gott für die Familie. Diese haben nur einen Zaun. Bei der Familie stehen die großen Bäume für die Eltern, die kleineren für die Kinder… diese weißen Papierwimpel haben eine religiöse Bedeutung. Stehen für heiliges Wasser.
Memo an mich selbst: Alle 20/40/60 Jahre werden einige Tempel rekonstruiert. Sie werden abgebaut, die defekten Teile erneuert und wieder zusammengebaut. So wird die Architektur an die nächste Generation weitergegen. Vieles wird mit Holz gebaut. Was mit Metall verstärkt wird, wird mit Holz verkleidet.
Memo an mich selbst: Die Japaner haben nur ihren Reiß. Wir haben die Kartoffel und das Mehl auf der einen Hand und unsere eigenen Früchte auf der anderen. Die Japaner nur Reiß. Wenn sie eine sehr gute Ernte haben, halten sie das für ein Geschenk der Götter und machen Reißschnaps daraus. Es werden auch leere Krüge an einem Tempel platziert um zu beten, dass es eine gute Ernte geben wird, damit die Brauerei Schnaps brauen kann.
Memo an mich selbst: Reinigungszeremonie gemacht - erst linke Hand waschen, dann rechte Hand waschen, darauf achten, dass man dies nicht über dem Becken macht, davor. Dann einen Schluck um den Mund zu waschen nicht trinken. Danach noch mal etwas Wasser nehmen und das Wasser den Stiel herunterlaufen lassen um diesen zu waschen.
Memo an mich selbst: Beten gemacht, eine Münze ist genug! 10YEN hat der alte Herr mir ausgegeben. 2x verbeugen, einmal hallo Gott, zweite Mal guten Tag Gott. Dann klatschen, zweimal! Einmal bedeutet hör mir zu oder wach auf Gott. Zweimal bedeutet höre meinen Wunsch (noch mal genau Nachfragen bei jemandem der sich damit auskennt)
Memo an mich selbst: Wassergott - dreimal mit Wasser aus der Quelle besprenkeln. Der alte Mann erklärt mir dass das Wasser aus der Quelle kalt ist und man somit den Gott aufweckt um dann seinen Wunsch oder Gebet vorzutragen.
Memo an mich selbst: Der Torbogen bedeutet „Vogel sitzend“ früher als Indikator für Gefahr genutzt, Erklärung: Vögel sitzen oben auf dem Tor und flüchten bei Gefahr in sichere Gefilde. Vögel erkennen Gefahr früher. Synonym: Burggraben um Schloss in Deutschland z.B. Enten fliehen wenn Gefahr droht. Indikator für die Wachen das Feinde in der Nähe sind.
Memo an mich selbst: Foto mit den Torbögen Bedeutung: Schutz für den Gott der Familie.
Memo an mich selbst: 1000 Kraniche gefaltet und angehängt. Mythos prüfen. Foto gemacht. Dauert drei- vier Monate sagte der alte Mann. Ist ein Origami.
Memo an mich selbst: Der alte erklärte mir, das die Flüsse in Japan alle schnell fließen und die Steine rund machen. Assoziation mit heiligem Wasser, klarem Wasser, wenn man runde Steine sieht. Er meint, dass man in Deutschland nicht solche Steine findet, da sich die Flüsse dahinschlängeln und deswegen langsam fließen und die Steine nicht rund machen. Der Schrein für Erfolg im Beruf ist mit Tonnen solcher Steine gepflastert.
Memo an mich selbst: Der alte sagte, das alle Schreine mit Splitt umgeben sind. Das Geräusch beim darauf treten soll die Meditation verbessern.
Memo an mich selbst: Der alte Mann sagt, das man nicht in der Mitte von einem Tempelpfad gehen soll. Die Mitte ist nur für Götter und den Kaiser vorgesehen. Wir müssen am Rand gehen.
Memo an mich selbst: Der alte Mann wandert jeden Morgen durch den Park und denkt über seine letzte n Jahre nach. Er hat drei Kinder die alle einen guten Job habe. Er hat im Leben also alles erreicht. Nun denkt er über sein eigenes Ende nach, aber eine Lösung hat er noch nicht gefunden. Ich denke, dass er noch solange leben wird, bis er eine Lösung gefunden hat.
Nach diesem ausführlichen und informativen Rundgang verabschieden wir uns und er kehrt zu seinen heutigen Tagesaufgaben zurück. Er muss noch verschiedene Dinge im Supermarkt kaufen gehen. Ich habe wieder keinen Plan was ich jetzt machen soll. Zuerst fahre ich nach Norden, sehe aber den alten Mann. Ich möchte ihm aber aus irgendeinem Grund nicht noch mal hinterher fahren. Also drehe ich um und fahre auf der anderen Seite des Parks nach Norden. Ich prügel mich durch einige Nebenstraßen zu einem weiten Tempel bei dem ich meine Kamera etwas herumlaufen lasse.
Dann folge ich dem Routenplaner weiter nach Norden und komme zu einer großen Einkaufspassage. Das muss jene sein, von der Hiro gesprochen hat. Ich parke mein Bike irgendwo am Geländer und sehe mich etwas um. Ich finde einen Laden in dem ich Milch und Toast für 266YEN kaufe. Ich kaufe mir ein Erdbeeren Crêpe. Ja, es schmeckt gut, aber für 350YEN ist das zu wenig. Ein Leckerli, nichts zum satt werden. Ich finde einen Laden der Otaku Stuff bunkert, aber keine Super Dollfie im Angebot hat. Schade eigentlich. Hier wird gerade ein neuer Laden eröffnet. Man kann einen Blick rein werfen. Der Laden scheint vielversprechend. Sie verkaufen Lolita Kleider, Schuhe und Perücken. Aber die Kleider sehen mir alle zu klein für meine Statur aus. Die Schuhe sind wohl auch nicht meine Größe. Aber die Perücken sehen ganz gut aus. Da finde ich vielleicht eine, die meine jetzige ablösen kann. Ich werde den Laden in meinem Cosplay besuchen, sobald er eröffnet ist.
Ich starte einen neuen Versuch und suche auch hier wieder nach Postkarten. Aber ich habe keinen Erfolg. Schade man. Ich fahre also weiter nach Norden, bis ich mich entscheiden muss wo ich lang fahre. Osten oder Westen? Westen! Fehler. Ist ein großer Umweg, wie ich später berechnen werde. Aber ich begegne auf diesem Westen um das Schloss herum Umweg einem Amerikaner der mit einem superleicht Gewicht Bike fährt und an verschiedenen Orten fotografiert. Er wird dafür bezahlt das Bike zu promoten. Ich will auch so einen Sponsor haben. Er sagt, dass er schon 20 Jahre in Japan lebt. Ich erst 6 Wochen. Aber meine Koffer-Konstruktion sagt ihm zu.^^
Im Park angekommen stelle ich das Bike an derselben Stelle wie gestern ab und kaufe mir dieses Zeug was mir der seltsame Kauz vorgeschlagen hat. Keine gute Idee. Absolut unbrauchbar.
Nach einer schnellen Runde durch den Park habe ich die beste Position auf meiner Karte markiert und beginne mit dem Aufbau der neuen Kommandozentrale. Zum Abendbrot mache ich mir eine Nudelsuppe, sowie zwei Toast mit Honig. Danach reiße ich das Notebook an um paar Notizen zu machen und um wieder kein offenes Netzt zu finden. Um 2000 lande ich im Schlafsack.
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