Heute habe ich mal die schöne weiße Hose angezogen. Ich mag die Hose gerne, auch wenn man sofort jeden Fleck drauf sieht. Heute Morgen habe ich auch wieder den Rasierer über mein Gesicht fahren lassen. Somit steche ich mich von den ganzen Obdachlosen Typen ab. Meinen Taschentuchvorrat im Rucksack habe ich mit den Vorräten aus dem Koffer aufgestockt. Wieder etwas mehr Platz darin. Ich muss schon wieder auf die Toilette aber ich will erst das Zelt einpacken und mich mobil machen. Ich habe an diesem Morgen die Koffer neu kalibriet. Die sitzen jetzt bedeutend besser. Damit kann ich fahren. Ich verändere die Sitzpolsterung etwas.
Gestern habe ich festgestellt, dass die Kette etwas springt. Ich habe mir den Kettenwerfer angesehen und etwas nachgestellt. Außerdem habe ich ein verbogenes Kettenglied gesichtet, das ich versucht habe etwas zu richten. Soweit scheint alles in Ordnung zu sein. Endlich alle Probleme beseitigt und bereit zur Abfahrt um 1050.
In einem K Store war ich auf der Toilette und habe ein Brot für 116YEN und ein Eis für 126YEN gekauft. Das Softeis war erwartungsgemäß fest gefroren. Ich sehe ein italienisches Restaurant, gleich gegenüber. Dort wollte ich eigentlich nur nach Arbeit fragen, aber sobald ich drin bin, weißt mir die Bedingung gleich einen Platz zu. Scheiße! Die sind hier aber gut besetzt. Ich sehe mir dann die Speisekarte an und beschließe stattdessen etwas zum Mittag zu essen. Ich wähle das oberste der Karte, da ich diese nicht lesen kann. Das sind Spagetti für 700YEN, ich werd verrückt.
Danach fahre ich ziellos durch die Gegend und lande letzten Endes wieder bei dem Nagoya Hauptbahnhof. Dort in der Nähe ist ein Elektronikgeschäft, namens „Big Camera“. Dort werfe ich mal einen Blick rein. Dann frage ich in der Polizeistation am Hauptbahnhof nach dem nächsten „Hello Work“. Der erste Kauz weiß gar nicht was ich von ihm will, dabei habe ich die Frage richtig gestellt. Er holt Verstärkung. Einer jungen Frau stelle ich dieselbe Frage. Die weiß sofort Bescheid. Sie zeigt mir die Position auf der Karte. Ich fahre also mit dem Bike zu eben jener Position. Über Umwege, weil die Zebrastreifen wieder so sonderbar verlegt sind. Ich parke mein Bike direkt neben dem Eingang. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich hier richtig bin, also frage ich den komischen Spaten der wie Falschgeld im Eingangsbereich steht. Der stellt sich aber etwas dumm an. Aber hier bin ich richtig.
An der Rezeption zeige ich meinen Pass vor und frage nach Arbeit. Die freundliche Japanerin hinter dem Tresen ist total überfordert mit der Situation und leitet mich zu einem Kunden weiter der Englisch sprechen kann. Der wiederum erklärt mir den Weg zum Nagoya Ward Office, wo eine multilinguale Zweigstelle von Hello Work postiert ist. Unverrichteter Dinge ziehe ich wieder ab und fahre zu meinem neuen Ziel. Der Weg ist weiter, als zuerst angenommen. Ich frage noch dreimal nach dem Weg. Das letzte Mal frage ich ein Kamerateam das vor dem Central Park herumsteht. Sie deuten auf ein dunkles Gebäude auf der anderen Straßenseite.
Ich mache mir ein wenig Sorgen wegen dem Wetter. Es sieht nach Regen aus. Ich suche mir eine günstige Stelle zum parken raus. Und wer kommt da? Na wer!? Der Sicherheitsfanatiker. Der pöbelt mich an, dass ich mit dem Bike im Windschatten stehe. Ich reibe ihm aber meine Ansichtskarte von „Hello Work“ unter die Nase. Damit ist er überfordert. Er rennt zur Rezeption und fragt dort nach dem Weg. Dann kümmert er sich wieder um mein Bike. Ich fahre also bis in den 12. Stock (nach deutscher Rechnung der 11.) Dort navigiere ich direkt zur Rezeption und lasse mir ein wenig die Einrichtung und Vorgehensweise erklären. Ich kann mir aus einem Ordner bis zu drei Stellenangebote aussuchen und trage dann die entsprechende Auftragsnummer auf einem Stück Papier ein.
Nachdem ich mich entschieden habe gebe ich das Beschwerdeschreiben ab und warte bis jemand versucht mich aufzurufen. Der Vorname stellt bei den meisten kein Problem dar, aber der Nachname schon ehr. Schöner „a“ Umlaut mit bei. Sie gibt mir mit Hilfe eines Übersetzers zu verstehen, das ein Angebot keine Leute mehr sucht (Warum steht das denn überhaupt noch zur Auswahl?), das nächste erfordert scheinbar zu viele Japanischkenntnisse. Beim dritten, (letzte Hoffnung) ist so gut wie kein Japanisch erforderlich, aber die Vorstellungsgespräche werden von der Firma auf Japanisch geführt. HEADSHOT! Hier konnte man mir also nicht weiter helfen. Ohne einen Schritt weiter gekommen zu sein, muss ich hier die Segel streichen.
Ich fahre mit dem Bike südwärts und wollte einen neuen Platz für mein Zelt suchen. Doch als ich auf die Uhr sehe, stelle ich fest, dass es erst 1530 ist. Was machen? Ich fahre also wieder zurück ins Zentrum und folge dem Verlauf des Central Parks nach Norden. Ich habe vom Sendeturm ein Shot gemacht. Der ist viel kleiner als der Tokyo Tower, aber sehr ähnlich aufgebaut.
Am Ende der Straße muss ich eine andere Richtung einschlagen. Ich wähle Westen und folge der Straße um eine Parkanlage herum Ich habe das Schloss Nagoya erreicht und fahre über die westliche Flanke nach Norden und folge einem Fluss weiter Flussaufwärts. Ein Park liegt direkt neben diesem Fluss. Da werde ich mich etwas umsehen, und nach einem Bauplatz für das Zelt suchen. Ich fahre in den Park und stell das Bike an einem Baum ab. Hier sind sehr viele Leute unterwegs. Ich möchte mir das etwas genauer ansehen und schleiche durch den Park.
An einigen kleinen Imbissbuden werfe ich einen kurzen Blick rein, aber nichts davon haut mich jetzt um. Hier sind viele junge Leute die ihren Spaß haben. An einem leichten Hang sitzt eine ganze Bande von Geschäftsleuten auf einer gigantischen blauen Plane und lassen es sich gut gehen. Von dem Hügel aus, mache ich ein Panorama Shot. Dann gehe ich einige Schritte weiter und sehe mir das Treiben an. Einer der sehr wichtig aussehenden Männer springt auf. Oh, was nun! Sollte ich flüchten? Ich warte mal ab was er vorhat. Er sucht seine Schuhe und kommt auf mich zu. Er fragt auf Englisch, was ich hier mache, wo ich her komme und ob ich mich dazu gesellen möchte. Ja, warum nicht. Ich habe ja genug Zeit. Er fragt seinen Boss ob das klar geht.
Ich sitze jetzt also als einziger Deutscher zwischen richtig wichtigen Leuten. Viele sind an meiner Geschichte interessiert. Wir trinken und essen zusammen, haben Spaß und unterhalten uns über viele Dinge meiner bisherigen Reise. Der junge Mann der mich eingeladen hat möchte meine Fotos aus Tokio sehen, nachdem ich ihm erzählt habe dass ich drei Wochen dort verbracht habe. Es wird dunkel und nebenan wird eine Beleuchtung aufgebaut. Der junge Mann der mich aufgelesen hat, möchte versuchen einen Job für mich zu finden. Er kann aber nichts versprechen. Das gibt mir ja schon mal wieder Hoffnung noch etwas hier zu bleiben. Hier habe ich jedenfalls schon mal mehr Hoffnung als noch in Tokio.
Als sich der Abend dem Ende entgegen neigt fragt mich jemand, wo ich die Nacht verbringe. Ich sage, dass ich mir noch einen Platz für mein Zelt suchen möchte. Was!? Das gibt es ja gar nicht! Warum fragst du nicht jemandem ob du bei ihm übernachten darfst!? Ich frage nicht nach solchen Dingen. Ich bin ausgerüstet und muss mich alleine durchschlagen.
Memo an mich selbst: Die Reise war verdammt hart. Die Reise, nicht das Übernachten. Bei der Reise hätte ich gerne Hilfe angenommen.
Dieser eine schlägt seinem Freund vor, welcher jener Mann ist der mich eingeladen hat, dass ich heute bei ihm übernachten darf. Das ist wirklich unwahrscheinlich freundlich von ihm. Er macht sich Sorgen wegen meinem Bike und dem Gepäck. Ich ja ehr weniger. Ich würde das Bike einfach weiter abseits parken und dann wäre das gut. Aber er versucht ein Taxi zu finden, das in der Lage ist mein Bike samt Koffer zu bewegen. Keine Chance. Er ruft als letztes seinen Boss an. Ich sage „Impossible!“ Er sagt nach Ende des Gesprächs „possible“ What!? Wie er das rausgehauen hat, war auch so geil. Richtig gut! Das Bike kann die Nacht in der Tankstelle stehen bleiben. Wir müssen aber ein Stück zu Fuß laufen.
Wir gehen dann zu Fuß zur Tankstelle und Hiro hält ein Taxi an und fragt ob es möglich ist das Bike wegzuschleppen. Das glaub ich einfach nicht. Wir werfen das ganze Bike in den Kofferraum. Also das ist mal krass. Dann fahren wir mit dem Taxi zur Tankstelle. Das ist das erste Mal in meinem Leben, das ich in einem Taxi mitfahre. Die Fahrt kostet 1280YEN. Extrem hart am Wind. Ich schnappe mir aus dem Koffer einige Sachen für die Nacht und dann fahren wir mit der U-Bahn zu seiner Wohnung.
Er hat eine recht sparsam eingerichtete Wohnung, aber für einen alleine reicht das auch vollkommen aus. Ich darf seine Dusche und sein I-Net nutzen. Ich dachte, dass ich Tonnen von Mail bekommen habe. 18 Stück. 16 von Facebook. Da war nur eine vom Co Moderator und eine von Tele 2 mit bei. Ich schreibe dann gleich die nötigen Nachtrichten zurück und adde drei neue Freunde zu Facebook. Man, das ist mal beeindruckend. Ich muss unbedingt den Kontakt pflegen, sonst taugt das nichts. Ich zeige ihm einen Abriss meiner Reisefotos. Er ist schon voll am wegpennen. Um 0030 verschwinde ich dann auch im Bett. Hart finde ich nur, dass er am Boden pennt. Alter. Ich raff das nicht. Hätte ich da vorher gewusst, dass er am Boden pennen will, hätte ich meinen Schlafsack mitgenommen. Er sagt, das sei OK.
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